02. Nov

Eine letzte Verbeugung

Unser Ernst Hofer ist am 31. Oktober im Alter von 52 Jahren verstorben. Ein Nachruf:

„So viele (Wiederholungen), wie gehen – und dann noch zwei.“

 

Wer mit Ernst Hofer gemeinsam trainierte, wusste recht schnell, wie er funktionierte. So hart er zu sich selbst war, so freundlich und offen war er zu anderen.

 

Das UJZ brachte viele prägende Persönlichkeiten – sowohl auf als auch neben der Matte – hervor. Doch niemand vereinte die Mühlviertler Tugenden so sehr, wie es unser Ernstl tat.

 

Er, der 1985 erst mit 14 Jahren in Sarleinsbach bei Hans Makula mit dem Judo angefangen hatte. „Das war wie ein russischer Schwimmkurs – entweder du schwimmst oder du gehst unter“, erinnerte sich Pepi Reiter. „Der Ernstl ist geschwommen.“ Und wie.


Es war sein unbändiger Wille, der den Spätstarter noch zu ungeahnten Höhen emporklettern ließ. Bis ins Nationalteam, bis zu Weltcup-Einsätzen, zu Platz sieben bei Europameisterschaften (1994) sowie einer unvergesslichen WM-Teilnahme in Paris-Bercy, der Kathedrale des Judo-Sports.

 

Erfolge, die er sich hart erarbeitet hat. „Bis ich 30 war, habe ich fast nie geworfen. Erst als ich über 30 war, habe ich im Kampf auch werfen können. Warum? Weil es da um nix mehr geht“, pflegte er es, über sich mit einer Portion Selbstironie zu sprechen.

 

Er, der sich selbst nie zu wichtig genommen hatte. Als er 2007 mit 35 Jahren in Wien seinen zweiten Staatsmeistertitel errang, vergönnte ihm das die gesamte österreichische Judo-Familie. Noch in der Halle wurde er hochgeworfen und gefeiert. Als beim anschließenden Essen die Bedienung ins Schwimmen gekommen war, war es er – der Held des Tages – der sich Stift und Papier schnappte, um den Kellnern zu helfen.

 

Es waren die Taten, die ihn mehr definierten als seine Worte.

 

Er, der auf den ersten Blick oft ein wenig grimmig wirkte. Seine Pose mit verschränkten Armen sowie der aufgekrempelten Hose, zog in den sozialen Medien einst sogar so weite Kreise, dass sogar Österreichs Nationalteamfußballer vor einem Länderspiel in Schweden so posierten. Ernstl amüsierte sich darüber: „Mir wäre lieber, die Menschen würden die Energie, die sie ins Facebook stecken, lieber in sinnvolle Dinge stecken.“

 

Es gelang ihm, sein Feuer fürs Judo vom Sportler-Dasein in sein Wirken als Trainer zu transferieren. Als Kämpfer brauchte man nur kurz zu ihm an den Mattenrand schauen, um zu spüren, dass er eigentlich mit dir mitkämpfte. Ein Blickkontakt genügte, und er wusste, was in einem vorging.

 

Um möglichst viel Zeit fürs Trainer-Sein zu haben, wurde Ernstl Lehrer. Obwohl er für die Wissensvermittlung prädestiniert war, war auch das nicht die optimale Lösung, wie er nach und nach herausfand: „Ich war nur Lehrer, um Trainer zu sein. Montags habe ich mich regelmäßig an der Tafel verrechnet. Wenn du nach einem langen Turnierwochenende erst tief in der Nacht heimgekommen bist und unvorbereitet in der ersten Leistungsgruppe einer vierten Klasse vorne stehst, geht sich manche Rechnung einfach nicht aus.“

 

Seine Anstellung als Landesverbands-Trainer und ab 2013 als Nachwuchs-Nationalteamtrainer war die logische Folge. „Ernstl war die Antithese zu einem Selbstdarsteller“, sagt ÖJV-Präsident Martin Poiger, der mit ihm einst selbst noch in einer Bundesliga-Mannschaft gestanden hatte. „Er war bei allen Vereins- und Verbandstrainern extrem beliebt, weil er immer auf Augenhöhe geblieben ist. Zum Teil war er auch der sture Mühlviertler, der seinen Prinzipien treu geblieben ist. Was er verlangte, hat er seinen Athleten stets vorgelebt.“

 

 

Davon ließ er sich auch nicht abhalten, als 2018 bei ihm ALS (Was ist das?) diagnostiziert wurde. Als ihm die unheilbare Nervenkrankenheit nach und nach der Sprach-Fertigkeit beraubte, wog es umso mehr, dass er nie auf große Worte angewiesen gewesen war.

 

Es muss hart gewesen sein, dass ihm jener Körper, der ihn 2004 bis Athen radeln hat lassen, schleichend den Dienst versagte. Der Ernstl wäre nicht der Ernstl gewesen, wenn er die Lebensdauer-Prognosen der Ärzte nicht noch hinausgeschoben hätte. Kraft gab ihm dabei seine Petra, die er 2019 geheiratet hat.

 

Vor dem Hintergrund der ablaufenden Uhr wurden die Momente mit ihm in den letzten Jahren noch bewusster, noch wertvoller. Etwa seine 50er-Feier, als er Schwänke aus der gemeinsamen Zeit erzählte. Oder ein Training Mitte September, zu dem sich für ihn 40 Weggefährten in Niederwaldkirchen einfanden.

 

Momente, für die Ernstls Herz geschlagen hat.

 

Das letzte Mal tat es dies am 31. Oktober, als er im Kreise seiner Familie und Angehörigen entschlafen ist.

 

Wir, deine Judo-Familie, verbeugen uns ein letztes Mal vor dir, lieber Ernst. Lebensmensch, Antreiber, Freund, Inspirations-Quelle, Mahner, Schmähbruder, Trainer… Danke für all das, was du für uns warst!


Es tröstet uns die Vorstellung, dass du, wo du jetzt auch immer bist, durch die Berge radelst, bis du bei einem Spritzer über das Leben philosophierst. Mach es gut!


 

Das Begräbnis findet am Dienstag am 7. November um 14 Uhr in Hellmonsödt statt. Ernstl wollte, dass alle Wegbegleiter willkommen sind. Auch beim anschließenden Beisammensein. Für dessen Planbarkeit ersuchen wir jeden, sich bis Samstag per Mail an reinhold.puehringer(at)gmail.com (samt Anzahl) anzumelden. Danke für Mithilfe!

 

 


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